
Eine ausgezeichnete Serie hat ein unabdingbares, überwichtiges Merkmal im Kern: glaubhafte Charakterentwicklung und spannende, dramatische Momente, in denen die Figuren wachsen. Die deutsche Netflix-Serie How to Sell Drugs Online (Fast) besitzt alles davon. Von augenaufreißenden Augenblicken bis hin zu großartigen Wendungen, die niemand hat kommen sehen. Das liegt allen voran an der abwechslungsreichen Riege an Charakteren, mit denen die Serie aufwartet und die facettenreicher nicht sein könnte.
In der 1. Staffel haben wir Moritz, Daniel, Lenny und Lisa kennen und teilweise hasslieben gelernt. Doch bereits in den ersten paar Folgen passiert so viel, dass diese Figuren sich und ihre Welt eingehend hinterfragen und mit ihrem neugewonnen Umständen klarkommen müssen. Das hinterlässt selbstverständlich Spuren. Obwohl sie von außen betrachtet noch Kinder sind, haben sie einiges an Entwicklung und Erwachsenwerden in nur zwei Staffeln durchgemacht. Wir schauen uns, mit kleinen Spoilern,an, was aus den vier, Verzeihung, fünf Protagonisten geworden ist.
How to Sell Drugs Online (Fast) Staffel 1 Recap Netflix

Als wir Moritz kennenlernen, könnte er nicht enger am typischen, introvertierten Bild eines Schülers der gymnasialen Oberstufe sein. Seine Interessen bestehen aus Videospielen, mit seinem besten Freund abhängen und lieber daheim sein als auf Partys zu gehen. Er wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr seiner Freundin Lisa, die ein Austauschjahr in Amerika verbracht hat. Bei ihrer Rückkehr wird ihm schnell klar, dass sie sich grundlegend verändert und anscheinend einige Erfahrungen gemacht hat, die ihm fehlen. Da liegt es auf der Hand, dass man ins Drogenbusiness einsteigt, um mithalten, und seine Ex-Freundin mit Geld und angeblicher Reife beeindrucken zu können. In der ersten Staffel geht das Unterfangen halbwegs gut, trotz eines unabsichtlichen Tötungsfalls und einem Vater, der langsam Verdacht schöpft. Doch Moritz gelingt es, zu Europas größten Drogenbaron mit seiner Firma „MyDrugs“ aufzusteigen, die er zusammen mit Kumpel Lenny ins Leben gerufen hat. Außerdem bekommt er aktive Mithilfe von Bekannten aus Holland, die ebenfalls im Milieu des Rauschgifthandels unterwegs sind.

Die Businesserfahrung und die vermeintliche Reife, nimmt er mit in die zweite Staffel, in der es im ersten Moment danach aussieht, als sei heile Welt. Mittlerweile hat er eine gute Stange Geld angehäuft, ist wieder mit Lisa zusammen und lässt es sich gut gehen. Das Abitur steht ebenfalls kurz vor der Tür und da sein Startup so durch die Decke gegangen ist, kann er es kaum erwarten, noch mehr aus seiner Marke zu machen. Blöderweise scheinen seine Mitdealer die Karriere als Rauschgifthändler an den Nagel hängen zu wollen. Doch als die Holländer klarmachen, dass mehr drin ist, sein Team jedoch aussteigen kann, wenn es möchte, erfindet er eine Notlüge, damit seine Geschäftspartner dabeibleiben. Denn wer verzichtet freiwillig auf die Möglichkeit, in jungen Jahren Millionär zu werden? Selbst, wenn daran Freundschaften zerbrechen könnte und er sich in eine ungeahnte Gefahr begibt, nur um das eigene Ego zu befriedigen? Doch als Freundin Lisa so langsam hinter sein Geheimnis kommt, muss er sich entscheiden: wird er die Situation wie ein Erwachsener behandeln oder doch wieder zurück in kindliche Muster verfallen? Wir wollen nicht zu viel verraten, aber Moritz hat definitiv eine ordentliche Entwicklung durchgemacht, die weit weg von dem unsicheren Jungen aus Staffel 1 ist.

Lenny ist Moritz bester Freund und ein Computer-Genie. Das rankt von seinen beeindruckenden Programmierkünsten bis hin zu seinem Verständnis von Bitcoin, Backend und Battlefield. Da lag es in der ersten Staffel auf der Hand, dass er und Mo zusammenarbeiten, um die Webseite MyDrugs zu schaffen, im DarkNet zu verbreiten und gemeinsam die Drogen verkaufen und verschicken. Lennard ist schließlich ein wichtiger Bestandteil des Unterfangens, der sicherstellt, dass niemand die beiden zurückverfolgen kann – digital oder im echten Leben.
Leider ist er aufgrund einer fatalen Krankheit an den Rollstuhl gefesselt und weiß nicht, wie lange er noch zu leben hat. Da kommt ihm ein risikoreiches Unterfangen, wie das Verkaufen von Drogen, gerade recht, um zumindest ein erinnerungsträchtiges Erbe zu hinterlassen. Da er sich hauptsächlich online herumtreibt, lernt er über Discord Kira kennen. Tag und Nacht schreiben die beiden und Lenny ist immer wieder kurz davor, sie über MyDrugs zu unterrichten. Aufgrund seiner Behinderung hat er jedoch Angst, sich mit ihr zu treffen und schickt ihr zu allem Überfluss Bilder von seinem Kumpel Daniel, der als Sport-Ass durchtrainiert aussieht und von vielen Mädels angehimmelt wird.

Umso überraschter ist Lennard, als er in der zweiten Staffel herausfindet, dass Kira die ganze Zeit wusste, wer er wirklich ist – von einem Internet-Genie zum Nächsten ist es nicht sonderlich schwierig herauszufinden, wer sich auf der anderen Seite des Discord-Chatfensters befindet. Anstatt Lenny dafür zu rügen, gibt sie ihm sehr eindeutig zu verstehen, dass sie in ihn verknallt ist. Es dauert nicht lange und die beiden landen im Bett. Der gute Lenny ist endlich ein „echter Mann“ und erzählt ihr alles über das Drogen-Imperium. Aus dem zurückhaltenden Rollstuhlfahrer ist ein selbstbewusster Bursche geworden, der sich mit einem Mal aber nicht nur durch seine Krankheit, sondern auch durch Holländer bedroht sieht, die mit MyDrugs unbedingt expandieren wollen. Zeit, den Mantel der Kindheit abzulegen und ums Überleben zu kämpfen – schließlich hat er in Kira endlich eine Person gefunden, für die er unbedingt weitermachen und dem Tod ein Schnippchen schlagen möchte.

Dan lernen wir als selbstverliebten Sportler kennen, dessen Alltag aus Lobbekundungen von Fremden auf Instagram besteht, die ihn für seinen durchtrainierten Körper allerhand anzügliche Kommentare hinterlassen. Das man sich im Schüleralter in den sozialen Netzwerken leicht verlieren kann, liegt dabei auf der Hand. Von außen wirkt es so, als hätte er das perfekte Leben. Reiche Eltern, Klassenkameraden, die ihn anhimmeln und Lisa, die gerade aus Amerika zurück ist, hat auch noch an ihm Interesse!
Dank der Verkettung unglücklicher Umstände, findet er jedoch heraus, was Moritz und Lenny in ihrer Freizeit treiben und steigt kurzerhand bei MyDrugs als Drogenkurier ein. Als Sportler kann er die verschiedenen Briefkästen auf dem Fahrrad in Nullkommanichts erreichen und hinterlässt somit keine Spuren beim Verschicken der Drogen. Zu gerne würde er seinem Vater auf die Nase binden, was er betreibt und wie viel er damit verdient. Denn dieser sieht in ihm nur eine einzige Enttäuschung, nachdem Daniel seine Chance beim BVB weggeworfen hat, um sich mehr auf die Schule zu konzentrieren.

In der zweiten Staffel steckt er so richtig tief im Drogengeschäft mit drin, obwohl er zusammen mit Lenny aussteigen wollte, da sie mehr als zufrieden mit ihrem monetären Gewinn sind und zumindest die nächsten Jahre recht sorglos davon leben könnten. Doch Moritz erzählt den beiden, dass die Holländer sie ansonsten umbringen würden. Nach anfänglicher Panik und kindlichen Heulanfällen, reißen sie sich aber zusammen und wissen: Es ist Zeit, erwachsen zu werden und das Problem beim Schopfe zu packen. Dass das für Daniel bedeutet, einen Schraubenzieher in den Oberschenkel gerammt zu bekommen, hätte er nicht erwartet. Aber er merkt mit einem Mal, wie unwichtig Likes und Kommentare in den sozialen Netzwerken sind und wie wichtig es ist, für sich selbst und andere, die einem wichtig sind, einzustehen – auch wenn sie nicht immer nett zu einem waren.

Lisa hat in der ersten Staffel so einiges durchmachen müssen. Ihr Mutter wurde aufgrund einer Überdosis Drogen in eine Klinik verfrachtet, ihr Vater scheint nur mit sich selbst beschäftigt zu sein und sie weiß nicht so recht, was sie von ihrem Ex-Freund Moritz halten soll. Hat er sich nun verändert oder doch nicht? Obwohl sie voller Tatendrang nach einem Jahr Amerika-Austauschjahr zurückkommt, scheint die Welt zu Hause alles andere als rosig auszusehen. Da ist sie froh, Aufmerksamkeit von Daniel zu bekommen, der angeblich aufrichtiges Interesse an ihr zeigt. Doch Ex-Freund Mo hat das ein oder andere Ass im Ärmel, um sie zurückzugewinnen – blöderweise alles auf Lügen und einem Drogen-Imperium aufgebaut. Trotzdem kommen die beiden wieder zusammen und eigentlich könnte es schöner nicht sein. Augenscheinlich haben sie sich weiterentwickelt und einer erwachsenen Beziehung steht nichts mehr im Wege. Blöd nur, dass sich Moritz immer wieder komisch benimmt und irgendwas vor ihr verbirgt.

Davon lässt sie sich aber nicht beirren und zieht überraschenderweise zu ihm in Staffel 2 – allen voran, weil ihr Vater eine neue Freundin hat, was jeder mitbekommt, da die beiden anscheinend noch nie was von Privatsphäre gehört haben. Zusammen mit Moritz Vater und Schwester leben sie im antiquierten Haus auf engstem Raum zusammen und die Lüge ihres Freundes beginnt sich langsam in Luft aufzulösen. Eigentlich hoffte sie, dass sie mit ihrer neuen Familie glücklicher werden könnte, doch als Moritz ihr dann auch noch sagt, dass er kein Interesse mehr an ihr hat und sie eine unschöne Entdeckung macht, wird ihr klar, wie unfair die Welt doch eigentlich ist. Aus einem jungen, hoffnungsvollen Mädchen, das denkt, sie hätte sich gerade erst gefunden, wird eine starke Frau, die um jeden Preis ihre Gerechtigkeit haben möchte.

Über Kira ist in der ersten Staffel nicht sonderlich viel bekannt. Sie ist Lennys Internet-Freundin, die er dank Discord kennengelernt hat, wie ihr eben schon gelesen habt. In Staffel 2 können wir ihr zum Glück endlich ein Gesicht zuordnen, denn sie wird von der großartigen Schauspielerin Lena Urzendowsky zum Leben erweckt. Zu viel möchten wir nicht über sie verraten, da wir euch die Spannung beim Schauen nicht nehmen möchten. Aber seid versichert, dass sie mehr als nur ein Computer-Genie wie Lenny ist. Hinter der Fassade einer jungen, rebellenhafte Dame, steckt eine hochintelligente Powerfrau, die es nicht so leicht im Leben hat, aber das Beste aus ihrer Situation herausholt. Daher hat sie auch einiges an Erfahrung mit Bitcoin und Co. – aber mehr verraten wir wirklich nicht!
Die fünf Hauptakteure sehen sich in der zweiten Staffel einigen Problemen, Herzschmerz und sogar Todesangst ausgesetzt, was alles dafür sorgt, dass sie gar keine Gelegenheit mehr haben, wohlbehütet aufzuwachsen. Stattdessen sind sie gezwungen, erwachsen zu werden und der Realität ins Auge zu blicken: Das der Handel und die Einnahme von Drogen, sowie zwielichtige Gestalten und Unsummen von Geld dafür sorgen, dass die kindliche Unschuld auf der Strecke bleibt.
How to Sell Drugs Online (Fast) Staffel 2 Offizieller Trailer Netflix
Die zweite Staffel von How to Sell Drugs Online (Fast) läuft ab dem 21. Juli auf Netflix und hält mit sechs Folgen einen spannungsgeladenen Abend voller dramatischer Augenblicke, unvorhergesehenen Wendungen und „Krass!“-Momenten parat. Unsere Empfehlung: Unbedingt in einer Sitzung anschauen!